Hier eine Interviuw mit André Ammer von Nürnberger Nachrichten am 2.1.2023
Er ist einer der Klassiker unter den guten Vorsätzen fürs neue Jahr: mehr Bewegung und weniger Körpergewicht. Gerade im Winter bietet sich Nordic Walking dafür an. Aber wie betreibt man diesen Ausdauersport wirklich richtig? Wir haben nachgefragt bei dem ehemaligen Profi-Triathleten und heutigen Trainer und Fachjournalisten Bennie Lindberg, der aus Finnland, der Heimat von Nordic Walking, stammt.
Warum ist gerade Nordic Walking gut für bisherige Sportmuffel geeignet, wieder fit zu werden und ein paar Pfunde zu verlieren?
Bennie Lindberg: Dieser Sport wurde ja erfunden, um das normale Gehen, das ja schon von vornherein ein guter Gesundheitssport ist, noch effektiver zu machen. Wenn man die Stöcke richtig einsetzt, kann man eine höhere Pulsfrequenz erreichen und mehr Kalorien verbrennen. Bei einem richtig intensiven Stockeinsatz steigt der Verbrauch von 300 auf 600 oder sogar mehr Kilokalorien pro Stunde.
Was muss man beim Bewegungsablauf beachten, um einen möglichst guten Trainingseffekt zu erzielen?
Lindberg: Die Stöcke nur in den Händen zu halten, bringt wenig. Um die richtig einzusetzen, muss man den natürlichen Pendelgang, den wir ja auch beim normalen Gehen haben, mit den Stöcken intensivieren. Wenn der linke Fuß vorne ist, muss der rechte Arm weit nach hinten gestreckt werden – und umgekehrt. Da ist es auch ratsam, nicht zu schnell zu gehen, weil man dann nicht genügend Zeit hat, die Stöcke effektiv einzusetzen. Man sollte sich kräftig abstoßen, dann kann man bis zu 30 Prozent seines Körpergewichts mit den Stöcken abfangen. Das macht Nordic Walking auch für Menschen interessant- die Knie- oder Hüftprobleme haben. Und das Rotieren des Oberkörpers ist auch gut für den Rücken.
Und was ist bei der Ausrüstung, vor allem den Stöcken, zu beachten?
Lindberg: Eigentlich wird viel zu viel Hype um die Stöcke gemacht. Im Prinzip könnte man in den Wald gehen, sich zwei Holzstöcke nehmen und damit loslaufen. Damit hat man auch einen Trainingseffekt. Aber natürlich sind moderne Nordic-Walking-Stöcke mit einstellbaren Schlaufen bequemer und beugen einer verkrampften Haltung der Hände vor. Zur richtigen Länge der Stöcke ist zu sagen, dass beim Stehen die Unterarme einen Winkel von etwa 90 Grad zu den Oberarmen bilden sollten. Wenn man den Oberkörper gut trainieren will, ist die Formel „Körpergröße mal Faktor 0,6 bis 0,7“ eine gute Faustregel.
Finnland ist ja das Herkunftsland des Nordic Walking. Wie genau entstand dieser Sport?
Lindberg: Entwickelt hat es Matti Heikkilä, den ich Anfang der 1990er Jahre im finnischen Sportinstitut Vierumäki kennengelernt habe. Er hat dort damals die Abteilung Leistungsdiagnostik geleitet, und eines Tages im Sommer kam er mir mit einer Gruppe von Langläufern entgegen, die alle mit diesen langen Langlaufstöcken gegangen sind. Heikkilä hat damals auch das Ausgleichstraining von Mitarbeitern in Firmen gestaltet und hat sich überlegt, wie man den Trainingseffekt des Gehens, das ja der ideale Gesundheitssport für normale Leute ist, noch erhöhen kann. So hat das damals seinen Anfang genommen.
In Finnland sieht man inzwischen ständig Leute, die mit Nordic-Walking-Stöcken unterwegs sind, und da achtet übrigens niemand so genau auf die Technik. Das Machen ist viel wichtiger als das perfekte Machen. Man sollte keine Wissenschaft draus machen, sondern einfach Spaß an der Bewegung an der frischen Luft und in der freien Natur haben. Wenn die Stöcke einen zum Rausgehen motivieren, weil man etwas in der Hand hat und etwas anders macht als beim normalen Gehen, dann ist das das Wichtigste.